top of page
  • Timon Jaeggi

Die Schweizer Arbeitswelt im Wandel: KI eröffnet Chancen und Herausforderungen (1/2)

Willkommen zu unserem Blogbeitrag, in dem wir die Studie "Are Our Jobs at Risk? Estimating the Effect of Artificial Intelligence on the Swiss Labor Market" erkunden, die zuvor auf der Academy of Management-Konferenz in Boston vorgestellt wurde. Ich bin Timon Jaeggi, einer der Co-Autoren dieser Studie.


In der jüngeren Vergangenheit konzentrierte sich die Computertechnologie hauptsächlich auf Berufe, die durch repetitive, nicht kognitive Aufgaben gekennzeichnet waren. Frühe Technologien wie regelbasierte Computer waren in der Lage, Aufgaben mit begrenzten und klar definierten Verantwortlichkeiten effizient auszuführen. Dies führte zu der Annahme, dass Menschen insbesondere in kreativen und kognitiven Bereichen im Vorteil bleiben würden.


Heute, da wir an der Spitze des Fortschritts im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) stehen, soll unsere Studie Licht in eine sich schnell entwickelnde Landschaft bringen. Der Reifegrad der KI-Technologie hat ein komplexes Zusammenspiel von Stärken und Schwächen zutage gefördert, was zu komplexen und vielfältigen Auswirkungen auf verschiedene Berufsprofile führt. Diese Entwicklungen stellen herkömmliche Annahmen in Frage und fordern uns auf, uns eingehender mit der Frage zu befassen, wie KI unsere Arbeitswelt verändert.


In diesem Blogbeitrag werden wir die vielfältigen Auswirkungen von KI auf verschiedene Branchen beleuchten und dabei sowohl die Substitution (bei der Menschen ersetzt werden) als auch die Komplementarität (bei der Menschen unterstützt werden) berücksichtigen. Wir werden die potenziellen Vorteile und Herausforderungen von KI untersuchen und diskutieren, wie politische Entscheidungsträger diese technologische Revolution lenken können, um eine Zukunft zu gestalten, die das menschliche Potenzial stärkt und potenzielle Risiken adressiert.


Unsere Forschung verfolgt zwei übergeordnete Ziele, um die Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt in der Schweiz zu verstehen:


Erstens haben wir die Auswirkungen von KI-Fähigkeiten auf individueller beruflicher Ebene untersucht. Zu diesem Zweck haben wir eine neue Methode entwickelt, um die Exposition der einzelnen Berufe im Zeitalter der KI zu quantifizieren. Dadurch konnten wir genau bestimmen, welche Berufe besonders anfällig für den Einfluss von KI sind. Unser Ansatz ging über eine grobe Einschätzung hinaus und berücksichtigte die spezifischen Fähigkeiten und Kompetenzen, die für Aufgaben erforderlich sind, die potenziell von KI übernommen werden könnten. Wir quantifizierten die individuelle Exposition anhand von drei einzigartigen Messgrössen: KI-Betroffenheit, KI-Komplementarität und KI-Substituierbarkeit. Diese Messungen lieferten tiefe Einblicke in die Interaktion von KI mit verschiedenen Aufgaben und identifizierten Bereiche, in denen KI menschliche Fähigkeiten ergänzt, Aufgaben, in denen sie irrelevant ist, und Aufgaben, in denen sie menschliche Arbeit potenziell ersetzen könnte.


Zweitens konzentrierten wir uns auf die Untersuchung der Makro-Auswirkungen von KI auf ausgewählte Sektoren der Schweizer Wirtschaft und auf die Beschäftigung. Mit unserer Analyse versuchten wir, ein besseres Verständnis dafür zu erlangen, wie KI bestimmte Branchen beeinflusst und welche Auswirkungen dies auf die Beschäftigungsdynamik hat. Darüber hinaus haben wir die Beziehung zwischen KI-Exposition, Lohnniveau und Bildungsniveau untersucht, um mögliche Zusammenhänge und weiterreichende Auswirkungen zu identifizieren.


Daten und Methodik

Für unsere Analyse haben wir sowohl berufsspezifische Merkmale als auch länderspezifische Beschäftigungs- und Lohndaten für die Schweiz verwendet. Für die Daten zu den berufsspezifischen Merkmalen wurde auf die O*NET-Datenbank zurückgegriffen, eine der umfassendsten und vollständigsten Datenbanken zu berufsspezifischen Merkmalen. Für die Daten zu Löhnen und Beschäftigung in der Schweiz wurden die aktuellsten verfügbaren Zahlen des Bundesamtes für Statistik der Schweiz verwendet, die frei zugänglich sind.


Auf der Grundlage dieser Daten wurde zunächst eine Untergruppe von Berufen für die Trainingsdaten ausgewählt, einschliesslich ihres spezifischen Aufgabenspektrums. Anschliessend haben wir für diese Berufe rund 1'600 verschiedene Aufgaben manuell identifiziert und entschieden, ob diese Aufgaben einer Substitution und Komplementarität unterliegen oder von KI unberührt bleiben. Um die Subjektivität der Zuordnung zu minimieren, wurde ein Multi-Review-Ansatz verwendet, bei dem eine Gruppe von KI-Forschern und -Praktikern die Zuordnung überprüfte. Anschliessend wurde eine Methode des überwachten Lernens verwendet, um statistische Zusammenhänge zwischen der KI-Exposition eines Berufs und den für die Ausübung dieses Berufs erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen zu ermitteln.


In einem nächsten Schritt wurde die KI-Exposition für Berufe ausserhalb der Stichprobe prognostiziert, um für jeden im Datensatz verfügbaren Beruf eine Punktzahl zu erhalten. Um makroökonomische Ergebnisse zu erhalten, aggregierten wir die Berufe zu Sektoren und gewichteten sie mit den schweizerischen Beschäftigungszahlen, um Schlussfolgerungen über die potenziellen makroökonomischen Auswirkungen ziehen zu können.


Ergebnisse auf individueller Berufsebene (Mikroebene)

Die Ergebnisse auf mikroebene zeigen ein äusserst heterogenes Profil der KI-sensitiven Berufe. Dies liegt daran, dass KI hochdifferenzierte Stärken und Schwächen aufweist, die bestimmte berufsspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten besser geeignet machen und andere weniger geeignet. Es ist bemerkenswert, dass KI insbesondere Berufe ergänzen bzw. komplementieren kann, die hohe analytische Fähigkeiten und zwischenmenschlichen Austausch erfordern, wie beispielsweise Compliance-Beauftragte oder Managementanalysten. Die Ergebnisse zeigen auch, dass das Potenzial für KI-Substitution am stärksten in Berufen ausgeprägt ist, die geringe Anforderungen an kognitive Fähigkeiten wie "Originalität", "Ideenfluss" oder "komplexes Problemlösen" haben, wie beispielsweise der Auftragsbearbeiter oder der Korrektor.


Ausschnitt der Ergebnisse auf individueller Beruflicher Ebene
Ausschnitt der Ergebnisse auf individueller Beruflicher Ebene

Die Erkenntnisse auf mikroebene bieten wichtige Einblicke in die Art und Weise, wie KI die Anforderungen einzelner Berufe beeinflusst. Sie verdeutlichen, dass KI nicht einfach nur Arbeitsplätze ersetzt, sondern auch dazu beitragen kann, bestimmte Aspekte der Arbeit zu ergänzen und zu stärken. Diese Einsichten sind sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von Bedeutung, um sich auf die sich verändernde Arbeitswelt vorzubereiten und entsprechend zu reagieren.


Durch die Analyse auf Mikroebene tragen wir dazu bei, ein besseres Verständnis für die vielfältigen Auswirkungen von KI auf verschiedene Berufe zu entwickeln. Wir zeigen auf, wie sich die Fähigkeiten und Aufgaben innerhalb eines Berufs im Kontext der KI-Integration verändern können. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um gut informierte Entscheidungen sowohl auf individueller als auch auf organisatorischer Ebene zu treffen und die Chancen der KI-Revolution bestmöglich zu nutzen. Bei AI Spaces haben wir uns darauf spezialisiert, die individuellen Auswirkungen von KI auf Unternehmen zu identifizieren und zu analysieren, um ihnen dabei zu helfen, erfolgreich den Weg in das KI-Zeitalter zu beschreiten.


In unserem nächsten Blogbeitrag werden wir das Gesamtbild in der Schweiz betrachten und die Frage beantworten, wie sich diese Mikroeffekte auf den gesamten schweizerischen Arbeitsmarkt auswirken.

Zurück zu allen Artikeln

bottom of page